Eine Welt Strategie NRW
Horst Bannwarth
Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken zur Erhaltung des Lebens, zur Sicherung der Menschenrechte und zur Gestaltung der Zukunft
Antworten zu den Leitfragen:
– Die zentralen Inhalte und Aktivitäten des Handlungsfeldes sind: Sicherung der Lebensgrundlagen, der Gesundheit und der Menschenrechte. Hierzu gehört eine nachhaltige, rücksichtsvolle und verantwortliche Wirtschaftsweise unter Wahrung der Menschenwürde. Das ist, global betrachtet, nur möglich, wenn das Miteinander aller Menschen wichtiger wird als die Gegensätze.
Es gibt im Prinzip zwei Wege zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, die auch zukünftigen Generationen eine lebenswerte Welt lässt: Drastische Reduzierung des Verbrauchs verbunden mit optimaler Effektivität oder das Wirtschaften in zyklischen Prozessen.
Das bedeutet insbesondere das Wiederverwerten von Stoffen in Stoffkreisläufen und die Wiederherstellung zerstörter Lebensbereiche, das Rekultivieren nach neuestem Stand von Wissenschaft und Technik. Hierzu ist handlungsorientiertes Verantwortungsdenken in Verbindung mit hoher Fachkompetenz erforderlich. Das Schließen von Stoffkreisläufen ist ein der Natur entnommenes Konzept der Nachhaltigkeit.
– Ich bin als Universitätsprofessor in Lehre und Forschung in diesem Bereich aktiv. Erfolge sehe ich in den engagierten Initiativen, dem zunehmenden Miteinander, in der Überwindung von Gegensätzen und Barrieren, den wissenschaftlichen Innovationen, dem Erkenntnisfortschritt und in politischen und wirtschaftlichen Aktivitäten. Hemmnisse sehe ich in der noch immer vorhandenen egoistischen Rücksichtslosigkeit, der Eigennutzmaximierung und der Missachtung der Menschenwürde und der Menschenrechte.
– Eine erfolgreiche Eine-Welt-Politik des Landes Nordrhein-Westfalen sollte sich an der einmaligen Vorbildfunktion auf der Basis des Miteinanders und der Überwindung von Gegensätzen orientieren, die gerade das Land NRW bei der Lösung von Problemen der Sicherung der Lebensgrundlagen, der Umwelt- und Lebensqualität, der Gesundheit und der Menschenrechte zu bieten hat. Hierzu gehört vor allem eine entsprechende Bildung und Ausbildung, die Denken und Handeln in Übereinstimmung bringt (handlungsorientiertes Verantwortungsdenken), insbesondere eine nachhaltige, rücksichtsvolle und verantwortliche Wirtschaftsweise unter Wahrung der Interessen aller Menschen und der Natur.
– Die Prioritäten und Ziele sind durch die Umsetzung der oben genannten Inhalte und Aktivitäten bereits vorgeben und deren Umsetzung gleichermaßen wichtig. Sie stehen überdies in einem inhaltlichen Zusammenhang miteinander und lassen sich nicht voneinander trennen.
Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken zur Erhaltung des Lebens, zur Sicherung der Menschenrechte und zur Gestaltung der Zukunft
Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken und Leben
Es gehört zu den Kennzeichen des Lebens, dass es gefährdet und verletzlich ist. Es ist deshalb erforderlich, dass Leben weltweit geschützt und erhalten wird. Die jüngsten Kernreaktor-Katastrophen und Ölhavarien zeigen das globale Ausmaß der Vernichtung von Leben. Die Forderung, dass Leben geschützt wird, gilt allgemein für alles Leben, soweit es nicht selbst in Form von Krankheitserregern der Schadorganismen eine Gefahr für Mensch und Natur darstellt. Nur der Mensch kann als einziges verantwortliches Lebewesen Verantwortung für die Erhaltung des Lebens, vor allem der Menschheit selbst und der von ihm abhängen Natur und Kultur übernehmen. Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken muss deshalb als Grundlage jeder Bildung und Schulung und als Richtschnur politischen Handelns und Entscheidens eine überragende globale Bedeutung bekommen. Humane Bildungsziele und Bildungsinhalte müssen mehr denn je überall zur Sicherung der Menschenwürde unverzichtbarer Bestandteil verantwortlichen menschlichen Denkens sein.
Gerade die moderne Biologie kann mit ihren Methoden zu einem eigenen Verständnis von Bildungs- und Entwicklungsprozessen beitragen. Aus der Biologie wissen wir: Das Leben selbst erfordert stets Information, Planung und Konzept, wie sie beispielweise bereits in den Genen vorgegeben sind. Der Mensch kommt mit seiner genetischen Ausstattung nicht aus und benötigt drüber hinaus ein System in sich stimmiger Informationen, einen Lebensplan, er braucht Bildung und Erziehung, wenn menschliches in Menschenwürde Leben gelingen soll. In der Evolution der Lebewesen bedeutet vor allem die Verantwortlichkeit des Menschen eine neue Qualität.
Die Biologie selbst hat in den letzten Jahrzehnten für viele unbemerkt einen Paradigmenwechsel von einer überwiegend darwinistischen Sicht des Kampfes und des Gegeneinanders zu einem modernen Konzept des Miteinander vollzogen, in der Kommunikation, Kooperation, Zusammenschlüsse, einen entscheidenden Beitrag zur Erforschung von Entwicklungsprozessen leisten. Das gilt nicht zuletzt auch für gesellschaftspolitische Entwicklungen. Die Biologie ist längst zu einer systemischen Wissenschaft von Ganzheiten und Einheiten („Joint venture“), eine emergente Wissenschaft geworden, die stets durch Verschmelzungen, Vereinigungen und durch Verständigung zu neuen Qualitäten gelangt. Die Politik benötigt für ihre Entscheidungen ein den Anforderungen einer sich stets dramatisch ändernden Welt ein angemessenes flexibles und fachlich fundiertes Vorausdenken: Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken.
Auf regenerative Energieträger setzen: Heißt das, auch Abfälle und Müll statt Braunkohle mit zu verbrennen?
Darüber müssten sich alle Beteiligten, Gegner und Befürworter der Mitverbrennung, einig sein: Braunkohlekraftwerke mit Wirbelschicht- und Koksabsorptionstechnik dürfen nicht teure und technisch aufwändig ausgestattete Müllverbrennungsanlagen auf Kosten der Umwelt und Gesundheit ersetzen.
Es muss sichergestellt werden, dass es nicht auf Dauer zur Anreicherung persistenter Schadstoffe wie Dioxine, Furane und Schwermetalle in Böden und Vegetation kommt. Dazu sind nicht nur die Emissionsgrenzwerte einzuhalten, sondern auch die Stoffflüsse und Stoffmengen zu beachten, die von Stunde zu Stunde und Jahr für Jahr in die Umwelt eingetragenen werden.
Dass auch Industrieabfälle, Haus-und Sperrmüll, verbrannt werden sollen und in welchem Umfang das geschehen kann, wird diskutiert. Die mit Halogenkohlenwasserstoffen besonders belasteten A III – und A IV – Hölzer sollten nur in dafür nachweislich geeigneten Verbrennungsanlagen schadlos verbrannt werden. Die Mitverbrennung toxischer halogenierter organischer Kohlenwasserstoffe muss nicht nur den Bürgern, sondern auch den verantwortlich denkenden Fachleuten wegen der Bildung von Dioxinen und Furanen in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Ersatzbrennstoffgemische und der von dieser abhängigen unterschiedlichen Verbrennungstemperatur Sorgen bereiten. Ein weiteres Problem ist zudem die mögliche Freisetzung zu großer Mengen an nicht neutralisierter Salzsäure HCl und an Fluorwasserstoff HF.
Es ist leider nicht erwiesen, dass man problematische Stoffe wie chlorhaltiges PVC im Müll, das Holzschutzmittel Pentachlorphenol PCP und polychlorierte Biphenyle PCB im Altholz problemlos in Braunkohlekraftwerken mit Wirbelschichtfeuerung und Koksabsorptionstechnik in beliebigen Mengen genauso gut wie in teuren Müllverbrennungsanlagen mit Nasswäsche durch Verbrennen entsorgen kann.
Die Mitverbrennung in Braunkohlekraftwerken – nur eine Sache der Grenzwerte?
Ganz sicher ist es falsch zu meinen, man müsse nur die Grenzwerte einhalten, keine Ausnahmen zulassen, dann sei das Problem der Mitverbrennung gelöst. Die Einhaltung von Grenzwerten bewahrt die Umwelt keineswegs vor Belastungen durch persistente Schadstoffe noch den Menschen vor gesundheitlichen Schäden.
Demgegenüber weniger wichtig ist die unbedingte Einhaltung von Grenzwerten etwa für Schwefeldioxid SO2 nach der 17.BImSchV durch kraftwerkstechnische Verbesserungen. Bisher durfte vor der Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen bei reiner Braunkohleverbrennung mehr Schwefeldioxid emittiert werden als durch die Ausnahmegenehmigung von der 17.BImSchV zulässig ist. Die Umwelt würde durch die Mitverbrennung demnach weniger durch Schwefeldioxid als vorher beeinträchtigt – trotz Ausnahmegenehmigung. Dass man von Belastung spricht, ist angesichts der Tatsache, dass der Schwefel der Umwelt heute nach Umsetzung der Großfeuerungsanlagenverordnung von 1983 mit Errichtung von Entschwefelungsanlagen für Großkraftwerke, den Böden, den Rapskulturen und den Landwirten fehlt, ohnehin nicht besonders sinnvoll. Die Schwefeldioxidemissionen sind kein Problem der Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen. Die Diskussion hierüber geht am Thema vorbei.
Allen, der Bürgerinitiative, den Politikern und den Antragstellern, sollte es vorrangig um die sichere Vermeidung möglicher nachteiliger Auswirkungen der Mitverbrennung ganz anderer Stoffe wie halogenorganischer Schadstoffe und Schwermetalle auf Gesundheit und Umwelt gehen. Dabei müssen alle an einem Strick ziehen und aufgrund von Messwerten miteinander besser kommunizieren. Es ist erfreulich, dass RWE Power in letzter Zeit den Verständigungsprozess deutlich verbessert hat.
Hoffentlich entscheidet am Ende nicht ein humantoxikologisches Gefälligkeitsgutachten an den Argumenten einer berechtigten, vernünftigen und konstruktiven Kritik vorbei zum Nachteil aller.
Kranke Wälder – kranke Menschen?
Die letzten Meldungen über den Zustand des deutschen Waldes sind nicht gerade beruhigend: „Dem deutschen Wald geht es so schlecht wie nie“, „Der deutsche Wald war noch nie so krank“ und „Warum wird der Wald nicht gesund?“ sind Schlagzeilen.
Panikmache und Verharmlosung, Übertreiben und Leugnen sind weder hilfreich noch zu verantworten. Was dringend nötig ist, sind überzeugende Erkenntnisse und Erklärungen über den Zustand unserer Wälder und unserer Umwelt.
Es geht darum, verständlich zu machen, welche vom Menschen ausgehenden und von ihm verursachten Umweltveränderungen zum gegenwärtigen Zustand der Wälder geführt haben und aufzuzeigen, inwieweit auch die menschliche Gesundheit von der Misere unserer Wälder berührt sein kann.
Zur Erklärung der Waldschäden wurden die Sekundärschadstoff-Theorie(1), die Nutzstoffmangel -Theorie(2) und die Stickstoffüberdüngungstheorie(3) entwickelt. Die Tatsache, dass ein lebensnotwendiger Stoff, wie der Stickstoff, schädlich sein kann, bedeutet einen kognitiven Konflikt, dessen Lösung ein angemessenes Verständnis der Ambivalenz umweltrelevanter Stoffe erfordert. Diese sind weder Nutzstoffe noch Schadstoffe an sich sind. Es kommt auf die Bedingungen und Umstände an.
Der Schwefel zum Beispiel galt als das Umweltgift Nummer eins. Ob ein Stoff ein Nutzstoff oder ein Schadstoff ist, hängt jedoch immer von den Umständen und Bedingungen ab (Ambivalenz). Die negative Bewertung des Schwefels ist ein Paradebeispiel für eine Fehleinschätzung mit nachteiligen Folgen. Neuartige Waldschäden können nämlich weder in zeitlicher noch in räumlicher Hinsicht mit der Schwefelbelastung der Luft erklärt werden. Es stellte sich heraus, dass den Rapskulturen der Schwefel fehlt. Es wurde die These entwickelt, dass ein Überschuss an Sulfatschwefel, z.B. als Gips gegeben, die Pflanzen vor atmenden Schaderregern (Insektenlarven, Pilze, Bakterien) schützt, weil Sulfat zum Atmungsgift Schwefelwasserstoff H2S reduziert wird, das Pflanzen weniger schädigt als deren „Feinde“.
Auf jeden Fall zeigt sich, dass nicht nur der Wald, sondern auch der Mensch und seine Gesundheit unter Mangelsituationen leidet. Es fehlt nicht nur der Schwefel für den Raps, sondern es fehlen vor allem Erdalkalien wie Magnesium und Calcium für Wald und Mensch und Spurenelemente wie Selen, die für die Gesundheit des Menschen wichtig sind. Auswaschungen durch Säure, vor allem durch Salpetersäure und Entzug durch Ernten können den Mangel verursachen oder verstärken.
Stoffkreisläufe schließen – aber richtig!
Zu den Grundsätzen einer zukunftsfähigen nachhaltigen Wirtschaftsweise (Sustainability) gehört, dass sich menschliches Eingreifen in den Naturhaushalt (Luft, Wasser, Boden, Ressourcen) möglichst unter harmonischer Einbeziehung der Rohstoffnutzung in natürliche Stoffkreisläufe (Recycling) weitgehend ohne Störung der bestehenden Fließgleichgewichte (Steady State) vollzieht. Die Richtschnur heißt: „Stoffkreisläufe schließen“ Hierbei handelt es sich um ein der Natur entnommenen Konzept für nachhaltiges Wirtschaften und handlungsorientiertes Verantwortungsdenken im Bereich Umwelt und Gesundheit.
Neben der Förderung regenerierbarer Energieträger durch Produktion von Biomasse schließt ein solches Vorhaben den Klimaschutz durch photosynthetischen CO2-Verbrauch, sowie die Wiederverwertung mineralischer Reststoffe und somit die Minderung von Deponieproblemen mit ein. Da Biomasse, vor allem Holz, in diesem Vorschlag entsprechend in eigens angelegten Aufforstungen (Silvikultur) gewonnen werden soll, kommt der mineralischen Ernährung der Bäume große Bedeutung zu. Dieser Beitrag soll deshalb die Mineralstoff- und Spurenelement-versorgung bei der Gewinnung von Holzkohle etwa im Rahmen von Rekultivierungen betonen. Die Einbeziehung von Reststoffen (z.B. von Aschen) aus industriellen Prozessen erfordert nicht nur Verantwortungsdenken, sondern auch profunde Fachkenntnisse, weil es sonst durch die Wiederverwertung von Reststoffen zu Belastungen von Boden und Wasser kommen könnte.
Wechselwirkung Mensch und Umwelt
Der Mensch greift in die Umwelt ein. Er hat deshalb Verantwortung für sein Eingreifen, Verändern und Gestalten zu übernehmen. Er muss sich Gedanken und Sorgen um die Zukunft der Kultur-Natur machen, die er selbst geprägt und entwickelt hat.
Nicht nur, weil er sich gesund ernähren muss, sondern in vielfältiger Weise ist der Mensch von der Natur abhängig. Wohlbefinden und glücklich sein sind nicht in einer zerstörten und verschmutzen Umwelt möglich. Man baut mit gutem Grund keine Sanatorien an hässlichen Industriestandorten oder neben Müllhalden. Eine zugemüllte Landschaft und eine hässliche zubetonierte und asphaltierte Wohngegend konfrontieren die Psyche über das Unterbewusstsein ständig mit dem Gedanken der Lieblosigkeit und Wertlosigkeit einer gedankenlosen und egoistischen Wegwerfgesellschaft ohne Verantwortungsdenken. Eine solche tagtägliche Ansprache macht Menschen unglücklich und krank.
Andererseits ist die Schönheit und Vielgestaltigkeit unserer Kulturlandschaften ein wertvolles Gut, das es zu erhalten gilt.
Eingriffe des Menschen in die Natur mit Auswirkungen auf Böden und Klima: Rolle des pflanzenverfügbaren Stickstoffs
Die Ursachen und Folgen der globalen Versauerung terrestrischer und mariner Ökosysteme, die sich etwa als Bodenversauerung in Wäldern, Agrarflächen oder als Versauerung der Oberflächengewässer in den Ozeanen äußert, sind nicht umfassend genug bekannt. Vor allem ist nicht geklärt, welche besondere Rolle die Salpetersäure HNO3, ein starke Säure, die sich aus Ammoniak NH3 (Haber-Bosch-Verfahren) und Stickoxiden unter oxydierenden Bedingungen der Atmosphäre bildet, spielt. Sie gibt nicht nur Anlass zur Freisetzung von CO2 aus Kalkgestein und Meeren, sondern verhindert auch die Aufnahme von CO2 durch die Ozeane. Es hat sich gezeigt, dass die Auswirkungen der Zunahme pflanzenverfügbaren Stickstoffs auf Landschaften, Waldökosysteme und landwirtschaftlich genützte Böden im Hinblick auf Versauerung, Eutrophierung und Mineralstoffmängel erheblich sein können. Eine ausreichende, besser eine optimale, mineralische Ernährung von Organismen, von Pflanzen, Tieren und Menschen, aber auch von ganzen Ökosystemen von Wäldern und Forsten ist gerade heute angesichts der bekannten Veränderungen in der Umwelt eine wichtige Voraussetzung für deren Gedeihen und Gesundheit. Die Hochleistungslandwirtschaft, eine nur auf Ertrag ausgerichtete Düngung, bei welcher wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente unbeachtet bleiben oder fehlen und eine verstärkte Auswaschung durch den Sauren Regen können prinzipiell zu Mangelsituationen und Gefährdung der Gesundheit führen. Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken bietet ein geeignetes didaktisches Konzept für Gegenmaßnahmen zur Vermeidung und Behebung von Krankheiten und Schäden.